Wenn ein geliebtes Tier älter wird oder chronisch erkrankt ist, verändert sich auch unser Alltag. Routinen, die früher selbstverständlich waren, brauchen plötzlich mehr Zeit, Geduld und Liebe. Gleichzeitig entsteht eine neue Tiefe in der Beziehung – denn diese Phase ist besonders wertvoll.
Wie ich die Zeit mit meinem Pferd erlebt habe
Mein Pferd war insgesamt 21 Jahre an meiner Seite. Als ich Galanda im Alter von 11 Jahren vom Schlachter freigekauft habe, litt sie bereits an Arthrose. Sie war aber immer eine Kämpferin und voller Lebensfreude. Auch bei einem starken Schub merkte man ihr manchmal kaum etwas an. Egal wie stark die Schmerzen waren, sich hinlegen zur Entlastung war nichts für sie. Sie frass immer wie ein Staubsauger, alles was sie fand wurde sofort verschlungen. Sie war kugelrund, auch wenn das Futter auf sie abgestimmt war.
In den letzten Jahren hat man aber sehr gut gemerkt, dass sie abgibt. Plötzlich wurde sie dünner, man sah nach kurzer Zeit die Rippen, da gingen bei mir die Alarmglocken los. Ich merkte, dass ich immer angespannt war, immer Sorgen, unruhig. Was braucht sie? Was kann ich für sie tun? Ich dachte nur noch daran, wie es sein wird, wenn sie eines Tages nicht mehr bei mir sein wird.
Sie war natürlich tierärztlich abgeklärt, ihre Organe waren für ihre Ü30 noch in gutem Zustand. Der Zahnarzt kam auch regelmässig zur Kontrolle, aber plötzlich liess auch das Gebiss nach und sie konnte wohl ihr Futter nicht mehr so gut verwerten. So fing ich an, ihr zusätzlich Heucobs (Heupellets, die im Wasser aufgeweicht werden und so besser gefressen werden können) zu füttern.
Wie ich von der ständigen Sorge wieder ins Vertrauen gefunden habe
Irgendwann konnte ich zum Glück umdenken und sagte mir, dass sie noch grosse Lebensfreude zeigt und sie nicht zu leiden scheint. Ich sagte mir, dass ich mich nun damit abfinden muss, dass sie nicht mehr zu dick ist, sondern dass sie nun sogar zugefüttert werden muss. Und natürlich, dass sie durchaus auch noch länger so leben kann. Als ich das akzeptiert habe, konnte ich wieder jede Sekunde mit ihr geniessen und unsere Verbindung wurde noch intensiver, noch liebevoller, noch vertrauter. Wir hatten vom ersten Augenblick eine sehr enge Bindung, aber insbesondere die letzten 2 Jahre erlebte ich als besonders wertvoll, viel bewusster. Da ich wusste, dass unsere gemeinsame Zeit auf Erden endlich ist, habe das Zusammensein mit ihr noch mehr genossen und geschätzt, tiefe Dankbarkeit verspürt für jeden Moment.
Plötzlich war Struktur und Organisation gefragt
Ich musste mich vermehrt mit der Fütterung befassen, meinen Tagesablauf ändern und auch Unterstützung zulassen. Ja, das fiel mir schwer, aber es war mir nicht immer möglich, 2 oder sogar 3x täglich – und das 7 Tage die Woche – in den Stall zu fahren. So fragte ich die anderen Pensionäre im Stall, ob sie ab und zu Galanda die Heucobs füttern könnten. Hilfe annehmen ist eine Stärke, keine Schwäche musste ich lernen.
Ich hatte das Futter immer vorbereitet, wie auch das Ergänzungsfutter für den Stallbesitzer bereitgestellt.
In den Urlaub ging ich das letzte Jahr nicht mehr, das hätte ich nicht vereinbaren können. Organisatorisch und auch emotional. Ich wollte schnell bei ihr sein, wenn etwas mit ihr ist. Wenn ich die Jahre zuvor in den Urlaub gefahren bin, habe ich immer eine Notfall-Liste erstellt mit allen wichtigen Kontakten, Abläufen und auch mit einer Vollmacht, wer was in einem Ernstfall entscheiden darf.
Ich habe mich umorganisiert, angepasst, auf vieles verzichtet, aber es war für mich keineswegs ein Verzicht. Auch finanziell war es herausfordernd, die hohen Tierarzt-Kosten, das Zusatzfutter, das summierte sich.
Die gemeinsame Zeit mit Galanda habe ich umgestaltet. Ich habe sehr viel Zeit bei ihr und mit ihr verbracht, ich sass neben ihrem Stall, habe was zu lesen mitgenommen. Habe ihr einfach zugeschaut, zugehört, geknuddelt und auch viel gelacht. Sie war eine Ulknudel. Beschäftigungsübungen gemacht, mich einfach auf ihre Bedürfnisse eingelassen.
Damals war ich noch angestellt und es war eine grosse Herausforderung, Tag für Tag. Heute in der Selbständigkeit wäre alles viel einfacher zu managen.
Galanda ging am 11. Mai 2023 über die Regenbogenbrücke. Über den Sterbeprozess, die Begleitung und die Zeit danach werde ich in einem separaten Blog-Artikel berichten.
Mein Spezialgebiet – die Arbeit mit älteren und chronisch kranken Tieren
Da die Zeit für mich so intensiv war und ich realisiert habe, dass es wichtig ist, sich auf das Schöne, anstatt auf das Negative zu konzentrieren, habe ich mir die Begleitung von Tierbesitzern mit älteren und chronisch kranken Tieren zum Spezialgebiet gemacht. Ältere Tiere haben andere Bedürfnisse und an die Besitzer sind andere Herausforderungen gestellt.
In meinen Blog-Artikeln werde ich vermehrt auf das Thema eingehen und wie du den Alltag mit einem älteren oder chronisch kranken Tier mit Freude erleben und geniessen kannst.
Alles Liebe 💜
Nathalie
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